Wie wir unsere Gewohnheiten ändern

Warum ist Warren Buffett so reich? 
Warum ist ein Buddhist so entspannt?
Warum ist Arnold Schwarzenegger so muskulös?

Sie sind es, weil sie die entsprechenden Gewohnheiten haben.
Warren Buffett investiert. Der Buddhist meditiert. Arnold trainiert.

“We are the sum of our actions, and therefore our habits make all the difference.”
(Aristoteles)

Wir sind die Summe unserer Handlungen, und deshalb machen unsere Gewohnheiten den Unterschied aus.


”Gewinner und Verlierer haben die gleichen Ziele”

… verkündet Autor James Clear und bringt dabei so manche Weltsicht ins Wanken. Doch wie kommt er darauf?


James Clear hat sich auf das Thema “Gewohnheiten” spezialisiert hat. Sein Buch “Atomic Habits” wurde bisher über 15 Millionen Mal verkauft.
Und seine entscheidende These lautet:

"Du steigst nicht auf das Niveau deiner Ziele.
Du fällst auf das Niveau deines Systems."

Und das bedeutet: Wenn wir produktiv sein wollen, spielen unsere Ziele nicht die entscheidende Rolle. Wir bemerken es an Silvester: An Zielen mangelt es uns nicht, trotzdem stellen wir später fest, dass unsere Ziele zu ambitioniert waren. Obwohl sie gar nicht ambitioniert waren. Mit dem Ziele-setzen allein ist es eben nicht getan, denn ErFOLG ist eine FOLGE - von dem, was wir tun.
Wir ernten, was wir säen.


Ziele sind gut, um eine Richtung vorzugeben. Ziele sind gut, um eine Handlung in Gang zu setzen. Doch wenn wir bessere Ergebnisse wollen, dann sollten wir unser System verbessern.


Es kommt daher nicht auf unsere Ziele an, sondern auf unser System. Und unser System besteht aus Gewohnheiten, Routinen und Regeln.


Zur Verdeutlichung ein Beispiel:

Nehmen wir an, unser Ziel ist eine aufgeräumte Wohnung. Dann wird aufgeräumt - und das Ziel ist erreicht. Doch dieser Zustand hält nicht lange an, denn spätestens nach kurzer Zeit kehrt der "Hempel-Style" (der Stil unter den Sofas) zurück. Die bessere Lösung ist also: Wir entwickeln ein System mit ausgewählten Ordnungsregeln und Routinen und gewöhnen uns ein neues Verhalten an.


Zum Beispiel:

  1. Vor dem Schlafengehen Spülmaschine anstellen

  2. Einen festen Platz für alle herrenlosen Dinge bestimmen

  3. Nach Kauf eines neuen Kleidungsstücks wird ein altes entsorgt

  4. Alle Papiere (Rechnungen, Post, Notizen) werden an nur einem Platz gesammelt

Fazit: Mit diesem System - den neuen Gewohnheiten - bleibt die Wohnung automatisch aufgeräumt. Das ordentliche Ergebnis ist dann der Nebeneffekt, die logische Konsequenz der neuen Gewohnheiten. Das Picobello-Ergebnis folgt automatisch. Heute - und auch in drei Monaten.

Success is the product of daily habits, not once-in-a-lifetime transformations.
(James Clear)

Erfolg ist das Ergebnis täglicher Gewohnheiten, nicht von einmaligen Veränderungen im Leben.


Unser Autopilot

Die meiste Zeit des Tages handeln wir im Autopilot-Modus. Das bedeutet: Den Großteil des Tages agieren wir nicht bewusst, sondern handeln unbewusst und automatisch.
Damit hat sich unsere Natur etwas ziemlich effizientes ausgedacht: Für Gewohnheiten und Routinen verbrauchen wir schlicht viel weniger Energie als für bewusstes Handeln und Nachdenken.


Betrachten wir uns beispielsweise beim Autofahren: Als wir den Führerschein gemacht haben, war Autofahren kompliziert. Wir mussten jede Reaktion neu lernen. Heute steigen wir ein und wundern uns nach einer Fahrt so manches Mal, wie wir eigentlich ans Ziel gekommen sind. Wir fahren im “Autopiloten-Modus” und reagieren auf Fahrtereignisse mit Routine und ohne großes Nachdenken. Alle Abläufe sind uns in Fleisch und Blut übergegangen.


Wenn wir uns nun vornehmen, am kommenden Tag eine andere Strecke zu nehmen, müssen wir uns dann gezielt darauf konzentrieren. Tun wir es nicht, fahren wir automatisch den gewohnten Weg.


Je müder wir sind oder je mehr wir um die Ohren haben, desto mehr erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass wir automatisch auf unsere bisherigen Gewohnheiten zurückfallen.


Haben wir zum Beispiel die Gewohnheit, bei Stress in die Snickers-Schublade zu greifen, bemerken wir es oft erst, wenn der Riegel schon im Mund steckt.


Genauso funktioniert es mit allen anderen Verhaltensweisen.
Das Gute: Wir Menschen können unsere Gewohnheiten ändern. 

4 Wege, Gewohnheiten zu ändern:

⌗1 Gestalte dein Umfeld

Selbstdisziplin ist keine Langfrist-Strategie


Während des Vietnam Kriegs wurden viele US Soldaten heroinabhängig. Das Erstaunliche: Es wird berichtet, dass die meisten von ihnen den Heroinkonsum nach ihrer Rückkehr problemlos einstellen konnten. Nach ihrer Rückkehr wurden nur 5 % von ihnen innerhalb eines Jahres rückfällig, nur 12% innerhalb von drei Jahren. Mit anderen Worten: Fast 9 von 10 Heroinkonsumenten sind quasi über Nacht von ihrer Sucht losgekommen.


Wie war das möglich?
Es lag an der veränderten Umgebung.


Jede gewohnte Reaktion wird durch einem Auslöser/Trigger (Cue) gestartet. Der Prozess, der daraufhin in Gang gesetzt wird, nennt sich Habit-Loop und besteht aus den folgenden 4 Schritten:

Auslöser (Cue) —> Verlangen —> Reaktion —> Belohnung


Fehlt allerdings der Auslöser, kommt es zu keiner Reaktion.

Während ihres Aufenthaltes in Vietnam hatten die Soldaten im Kriegsgebiet entsprechende Triggermomente gelernt. Doch als sie wieder in der Heimat waren, fehlten die (kriegsbedingten) Auslöser, und entsprechend kam zu keiner Folgereaktion (Heroinkonsum).


Ein anderes Beispiel aus der Fussball-Bundesliga:

Thomas Tuchel war Trainer bei Mainz 05. Um der Mannschaft einen bestimmten Spielzug abzugewöhnen, “schnitt” er im Training die Ecken des Spielfelds ab. Der Rasen war nun kein Viereck mehr sondern hatte eine Diamantform. Die Konsequenz? Der bis dahin vorrangig herrschende Spielzug ging nun regelmässig ins Aus - daraufhin haben sich die Spieler automatisch eine andere Spielvariante angewöhnt.


Motivation und Selbstdisziplin werden häufig überschätzt. Die Gestaltung des Umfelds hat oft den größeren Einfluss. Es ist eben einfacher, einer Versuchung von vornherein auszuweichen, als die Energie aufzubringen, ihr zu widerstehen.


Tipps für eine neue Umfeld-Gestaltung könnten sein:

  • Kekse raus und Äpfel rein in den Vorratsschrank.

  • Fernbedienung im Flur deponieren statt neben dem Sofa.

  • Socialmedia-Zugriff per Detoxapp beschränken.

  • Der kleine Beistelltisch mutiert regelmässig zur Krimskramsdeponie? Entfernen wir ihn einfach.


Je weniger Energie eine neue Gewohnheit erfordert, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie ausgeführt wird. Die Quintessenz: Mach´s dir leicht für die erwünschten - und schwer für die unerwünschten Gewohnheiten.

⌗2 Die 2 Minuten Regel

Make it easy: Minimiere deine Hürden.


Wenn wir uns an eine neue Gewohnheit herantasten wollen, dann machen wir oft diesen Fehler: Wir sehen das gesamte riesige Vorhaben vor unserem geistigen Auge und fühlen uns direkt überfordert.


Die Lösung: Mini-Schritte (=Atomic Habits). Der erste Schritt sollte so klein wie möglich sein, so wenig anstrengend, dass dem inneren Schweinehund der Wind aus den Segeln genommen wird.


Hier kommt die 2-Minuten-Regel ins Spiel: Eine neue Gewohnheit wird in eine kleinste Einheiten herunter gebrochen, so dass sie zu Beginn nur zwei Minuten in Anspruch nimmt.

“Ok, 2 Minuten kann man ja mal lesen (oder aufräumen .. oder Liegestütz machen.)”


Das Ergebnis ist häufig folgendes: “Na, wenn ich schonmal dabei bin … ein bisschen geht noch.” 


Und genau darum geht es: Ohne Druck anzufangen, um dann im besten Fall ohne Mühe weiter in die Sache hineinzugleiten.

⌗3 Behavior Change Is Identity Change

= Verhaltensänderung ist Identitätswechsel

Du willst erfolgreich sein?
Dann verhalte dich wie eine Person, die erfolgreich ist.

Du willst gesund sein?
Dann agiere wie jemand, der Wert auf seine Gesundheit legt.

Du willst souverän sein?
Dann stell dir die Frage: “Was würde eine souveräne Person tun?” Und genau das tust du dann.


Was für jemand wollen wir also sein?

Wir sind also gut beraten, über unsere Identität nachzudenken. Wenn wir uns entscheiden, was für ein Mensch wir sein wollen, dann entwickeln wir leichter die Gewohnheiten, die zu dieser Identität passen. Und das Ergebnis folgt dann unserer Identität.


Unterstützend dazu können wir Simple Rules anwenden und uns überlegen: Welche einfache Regel (Simple Rule) ist zielführend für unsere neue Identität?

Ein paar Simple Rules-Beispiele …

  • … für Kreative: Mindestens 500 Wörter pro Tag.
    Oder: Täglich drei Seiten Morning Pages.

  • … für Sales-Karrieristen: 3 Calls vor 10 (Uhr).
    Oder: Kunde A hat immer Prio.
    Oder: Eat the frog first.

  • … für Gesunde:
    Nur essen, was Grossmuttern noch kannte.
    Kein Zucker nach 2, kein Bier vor 4 (Uhr).
    Kein Tag unter 5000 Schritte.

  • … für Entspannte, bei Fehltritten: Unter 10 Euro reg ich mich nicht auf.

⌗4 Dranbleiben: Langeweile ist der Feind

Wie man motiviert bleibt: 3 Tipps


📌 Tipp 1: Der richtige Schwierigkeitsgrad

Grundsätzlich gilt: Die Motivation bleibt höher, wenn wir an Aufgaben arbeiten, die nicht zu leicht aber auch nicht zu schwer für uns sind.


Wenn Dinge zu anstrengend für uns sind, fühlen wir uns frustriert und laufen Gefahr, schnell aufzugeben. Gleiches gilt, wenn wir uns langweilen. Daraus ergibt sich die Goldilocks-Rule: Sie beschreibt den optimalen Schwierigkeitsgrad, bei dem wir am motiviertesten sind: Nicht zu schwer. Nicht zu leicht.


Sprich: Um beflügelt am Ball zu bleiben, sollten wir uns Herausforderungen suchen, die an der Grenze unserer derzeitigen Fähigkeiten liegen.


📌 Tipp 2: Schnapp dir einen (Accountability) Partner

Ein Accountability Partner ist im Grunde derjenige, mit dem man sich zum Sport verabredet, damit man selbst in die Puschen kommt.


Das funktioniert natürlich nicht nur beim Sport, sondern auch mit allen anderen Themen, ob in Job oder Freizeit. Accountability bedeutet „Rechenschaft“, die man gegenüber seinem Partner empfindet. Haben wir uns jemandem gegenüber zu einer Sache committet, sorgt unsere Psyche dafür, dass wir uns nicht so leicht aus der Verantwortung stehlen wollen.

Grundsätzlich hilft es natürlich immer, sich mit Gleichgesinnten zu umgeben. Wenn wir uns einer Gruppe anschliessen, in der das gewünschte Verhalten bereits normal ist, wird uns das Verhalten leichter fallen. Jeder Raucher weiß, dass es leichter ist, im Fitnessstudio nicht zu rauchen als in einer Kneipe.

📌 Tipp 3: Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden

Diese Idee ist selbsterklärend und könnte folgendermassen aussehen:

  • Nach dem morgendlichen Joggen gönnen wir uns auf dem Heimweg frische Tulpen als Belohnung.

  • Vor dem ersten Morgenkaffee erledigen wir den ersten Todo-Listen-Punkt des Tages.

  • In der Mittagspause machen wir einen Spaziergang und hören dabei das neue Hörbuch.

  • Abends schwitzen wir auf dem Heimtrainer und schauen dabei Netflix.


So what?

Wer bin ich?

Ich bin Dein ständiger Gefährte. Ich bin dein größter Helfer oder Deine schwerste Last. Ich werde dich vorantreiben oder zum Misserfolg hinabziehen. Ich stehe Dir ganz zur Verfügung. Ich bin der Diener aller großen Menschen und auch der Diener aller Versager. Ich bin keine Maschine, obwohl ich mit der ganzen Präzision einer Maschine arbeite, aber auch mit der Intelligenz eines Menschen. Du kannst mit mir Gewinne oder auch Verluste machen, für mich bedeutet das keinen Unterschied.

Wer ich bin?
Ich bin deine Gewohnheit.

Gedicht eines unbekannten Autors; gekürzt+geändert; gefunden bei Tobias Beck

“In the long run, the quality of our lives often depends on the quality of our habits.”

(James Clear)

Auf lange Sicht hängt die Qualität unseres Lebens oft von der Qualität unserer Gewohnheiten ab.


NEU - WATCH THIS: Ein 2-Minuten-Video zum Thema Gewohnheiten als Reminder, Mini-Zusammenfassung und Inspiration für zwischendurch.

Das könnte dich auch interessieren:

10 Schlüssel für bessere Kommunikation

Über Motivation & Bedürfnisse

Lern dich selbst besser kennen mit Reflexionsfragen

Sätze & Lebensweisheiten mit Kompass-Wirkung

TIPP💡Du bist neu auf dieser Seite? STARTE HIER für den besten Überblick und melde dich für den dich Newsletter an. Damit erhältst du exklusiven Zugang zu den Reflexionsvorlagen.



Anmerkungen, Bücher:

  • *In einigen Darstellungen des Habit Loops wird der Schritt “Craving” ausgelassen

  • James Clear: “Atomic Habits” (Deutsch: Die 1% Methode)

  • Tuchel-Beispiel aus einem Vortrag von Sven Gabor Janszky

Zurück
Zurück

Warum es manchmal nicht zufrieden macht, Ziele zu erreichen

Weiter
Weiter

Wie wir unsere Werte reflektieren …